«Il suffit de passer le pont…» sang schon mal Georges Brassens. Und für etwas weiter, reichte uns ein Ticket über die «Luftbrücke» nach Casablanca. Royal Air Maroc macht’s möglich ab Genf. Ein bezaubernder Tapetenwechsel war damit perfekt, mit dem Maghreb und seinem Hinterland als viel versprechender Gastgeber. Südlicher überfliegt man Marrakesch, die ehemalige Hauptstadt des marokkanischen Reiches und spätestens in Ouarzazate ist jedoch fertig geflogen. Die befestigten Strassen mit Belag lassen sich bereits ab Zagora an einer Hand abzählen und zur Wüste «geht’s gleich um die Ecke»…
Die Wüste hat uns. Bis zu den Kamelen, respektive unseren Dromedaren, stehen zur Weiterbeförderung zwei geländegängige 4x4-Fahrzeuge bereit, beladen mit Sack und Pack und all unserem Dingsda. Vorgängig waren wir bei der Familie unserer drei Führer zu Gast, wurden mit Tee und Gebackenem bewirtet und verwöhnt.
Gut zu wissen: Dromedare, oft auch Arabische Kamele genannt, sind einhöckerig, während die zweihöckerigen Namensvetter als Trampeltiere bezeichnet werden. Man erwartete uns im Outback. Und es wurde ab- und umgepackt, zum ersten Mal unter freiem Himmel übernachtet und am folgenden Tag auf vorerst steinigen, steilen Pfaden die erste Bergkette zu Fuss angegangen.
Die Fortbewegungsart der Last- und Reittiere im Maghreb ist der «Passgang». Sitzt man oben, nimmt man diese Bewegung als flach, von hinten nach vorne schiebend wahr und wird nicht wie beim Pferd, in der Vertikale zusätzlich «durchgeschüttelt». Steigt man ab und möchte mal unverwackelte Fotos schiessen oder sonst kurz innehalten, kann man getrost die mit lediglich 3.5 km/h gehenden Dromedare, kurz davonziehen lassen. Aus eigener Erfahrung berichtet, holt man die Gruppe daraufhin problemlos wieder ein (ausser in Sanddünen notabene).
Die Kommunikation in der Stille der absolut geräuschlosen Wüste kann, vor allem im Sand, bereits nach dem Überqueren einer Düne und dem Abstieg auf deren Rückseite, verbal zum Problem werden, ganz zu schweigen vom Versuch zu telefonieren oder Internet erhaschen zu wollen. Lediglich unsere Führer (drei Brüder aus Zagora) waren mittels einem speziellen Telefonnetz untereinander, mit ihrer Familie und ebenfalls den Sicherheitsdiensten verbunden. Für unsere Gruppe eine entspannende Gewissheit. Google Mapp ist auch out, die alt bewährte Karte aber in! Der Tipp: Michelin national 742, Marokko, 1:1 000 000. Gewicht lediglich 116 g
Oberflächenwasser ist eine äusserst seltene Erscheinung und das Auffinden der weit verstreuten, wasserhaltigen Ziehbrunnen wird ohne ortskundige Führung glatt zum Ding der Unmöglichkeit. Wir hatten neun Dromedare als Last- und Reittiere mit dabei, die Reisegruppe zählte sechs Personen, plus die drei Einheimischen. Letztere gingen den ganzen Trail durch die Stein- und Sandwüste ausnahmslos zu Fuss. Die Kommunikation in Französisch klappte dabei problemlos.
Die Tiere, untereinander mit kurzen Stricken verbunden, können 200 kg Last tragen und gut drei bis fünf Tage ohne Wassertränke auskommen (und schadlos einen Wasserverlust bis zu einem Viertel ihres Körpergewichts verkraften). Sie nehmen andererseits dann (bei genügend dotierten Brunnenvolumen) zwischen 60 bis 120 Liter Wasser (!) aufs Mal auf.
Für unsere Sechsergruppe wurden als Tagesration je 3.5 bis 5 Liter Trinkwasser in kleinen Bidons mitgeführt. Für das Händewaschen (nach einem persönlichen Austreten) stand uns pro Rast je ein Gefäss Brunnenwasser zum Waschen und Nachspülen zur Verfügung. Der Tipp: Das einzeln verpackte, textile Feuchttuch «Coolike, die Dusche in der Tasche» ist nicht ganz billig, reicht aber dafür vollkommen und ergänzend für eine tägliche Körperreinigung (ganz ohne Verschwendung von Trinkwasser) aus. Und eine solide, metallene EinLiter-Feldflasche (zum Beispiel von «Sigg») oben mit solidem Bügel zum An- oder Umhängen, ist zudem ein absolutes Muss.
Meditative Wüstenerlebnisse, Weiten der Stille im Rhythmus von Tag und Nacht. Randlose Welten öffnen sich uns, Ozeanen gleich. Wir gleiten im Gleichklang unserer kleinen Karawane durch Stein- und Sandwüsten, nehmen die seltenen, Palmen-besäumten Oasen und Solitärbäume, ganz kleinen Inseln gleich, wahr. Und dem nicht genug, ist die Vorfreude aufs Übernachten im Freien omnipräsent; ergriffen und der Demut nahe, die ungetrübte Sternenpracht über sich erleben zu dürfen. Ein Himmelsgewölbe, wie es in dieser überwältigenden Art hierzulande schlicht unvorstellbar ist!
Wüstentrip geht durch den Magen (..). Selbst wenn genügend Wasser und eine dichte Kleidung/Kopfbedeckung bei Temperaturen von 40° Grad und mehr oberste Priorität haben, darf der richtigen Ernährung eine nicht minder wichtige Rolle beigemessen werden. Ohne sich in Details zu verlieren, standen Gemüse und Früchte zuoberst auf der Verpflegungs-Packliste «unserer» drei Berber-Gebrüder.
Sie bekochten und verwöhnten uns mit überraschend reicher Kost, welche sie täglich aus den angehängten Tragtaschen der Dromedare hervorzuzaubern und zubereiten vermochten. Und dank vereintem Ausschau halten nach herumliegenden trockenen Ästen, kleinen aus dem Sand hervorguckenden Baumstrünken, usw. , konnten diese per Kamelrücken transportiert, abends dann für das Feuern und die Glut zum Fladenbrotbacken im hoch erhitzten Sand herhalten. Der Lagerfeuerromantik waren dadurch ebenfalls gleichzeitig Tür und Tor geöffnet…
Doch, nebst dem uns achtsam begleitenden Brüder-Trio, etlichen vermuteten Schutzengeln und einem Sandsturm-freien Wetterglück, gilt unser Augenmerk - mit gut vernehmbarem Merci und Bravo - der vorzüglichen Organisation und der Bereitstellung sämtlicher Ressourcen unseres Wüstentrips! Es ist Sabine Chavannes mit «Indigo Reisen», die unermüdliche Strippenzieherin und «Vernetzerin» vor und hinter den Kulissen. Nach jahrzehntelangem Bestreben, im Maghreb und anderen Destinationen, auf sorgsam abgestimmten Reisen freundschaftliche Kontakte zu Bevölkerung und Familien zu gewinnen, ist die Saat aufgegangen. Sie hat investiert, vertraut und auch kontrolliert. Sabine hat über lange Jahre mit vielgestaltigen Kamel-Trekkings eine tragfähige Basis für ihr «Indigo Reisen» geschaffen (indigoreisen@bluewin.ch | 079 318 68 68 | www.indigoreisen.ch). Und notabene auch unserem tollen, bis zum heutigen Tag nachwirkenden Reiseerlebnis im südlichen Marokko, ein blühendes Vergissmeinnicht beschert.
sw
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