Die Magie beim illustren Gipfeltreff im Herbst 2015 mit der versammelten Puppenschar am verträumten Egelsee bei Monika Demenga, Hans Wirth und köstlichem, marokkanischen Münzentee... Beim Gespräch, vor der damals unwiderruflich letzten Saison einer Berner Theater-Institution in der Unteren Altstadt, öffnete ich en passant in ihrem Estrich-Lager neugierig einen der schweren Deckel der altehrwürdigen, holzverstärkten Überseekoffer. Verblüfft erspähte ich obenauf liegend eine leicht vergilbte Ausgabe der BrunneZytig vom 24. November 2004, worin mir sofort der Titel: «Der Dieb, der Puppen liebt» ins Auge springt. Beileibe nicht etwa eine Inszenierung der Puppenbühne, sondern vielmehr der Bericht vom «klaffenden, schwarzen Loch in der Vitrine» an der Gerechtigkeitsgasse ist es, was meine Aufmerksamkeit in Beschlag nimmt. Wie alle ihre Figuren, hatte Monika Demenga auch die beiden edlen, so schnöde entwendeten Tischmarionetten, eigenhändig angefertigt. Grosses Welttheater auf kleiner Bühne darf als Prädikat, angesichts des reichen Gesamtkunstwerks der Puppenbühne Monika Demenga und Hans Wirth, getrost angewendet werden.
Es beginnt dort, wo das Menschentheater an seine Grenzen stösst. Ihre künstlerischen und schauspielerischen Ambitionen verschmelzen mit Können, Erspüren der besonderen Ausstrahlung der Puppe im Zusammenspiel von Kopf, Herz, Hand und dem Publikum. Eigens kreierte Figuren versinnbildlichen in Spiel und taktilem Geschick das Lieben, Leiden wie auch die masslos hochfliegende Selbstverherrlichung bis hin zur tiefsten Melancholie. Die Puppenbühne Monika Demenga und Hans Wirth wurde im Jahr 1968 von Monika Demenga gegründet und war während der ersten Jahre mit wechselnden Spielern unterwegs – bis dann 1977 Hans Wirth als Partner der Bühne beitrat. Zudem wirkten in enger und regelmässiger Zusammenarbeit Fachleute aus den Bereichen Regie, Musik, Bühnenbild und Schauspiel mit.
Wahrhaft aussergewöhnliche Momente in ihrer Spieltätigkeit erlebten die beiden bei der Aufführung der «Histoire du Soldat/Die Geschichte vom Soldaten», die C.F. Ramuz zur Musik von Igor Strawinsky geschrieben hatte. Die Puppenbühne spielte sie auch in der deutschen Übersetzung von Mani Matter. Lebensgrosse Figurenpuppen, sogenannte Humanetten, die von Demenga, Wirth und Gérard Widmer geführt wurden, ein Erzähler, ein Kammerorchester, Techniker – eine riesige Kiste sei das damals gewesen, erinnert sich Hans Wirth schmunzelnd. Und Monika Demenga schwärmt von dem ganz eigenen Zauber, den sie beim Spiel empfand, «diese lebensgrossen Puppen und hinter ihnen die Menschen als Manipulatoren», die die Puppen führten und bespielten, und die schwarz gewandet schattengleich mit dem schwarzen Bühnenhintergrund verschmolzen.
Hätten sie wohl mit Finissage und dem Adieu zuwarten sollen? Nein. Auch wenn der definitive Entscheid für die beiden ein herber war, herber sicherlich als jener Schock von damals, als die Coiffeuse von obenan verzweifelt Hans Wirth anrief und ihm von der 80köpfigen, umsonst vor der Puppenbühne wartenden, lebhaften Kinderschar berichtete, von der Schülervorstellung, die vergessen gegangen war! Die Puppenbühne habe sich daraufhin beim «Ausbügeln» als sehr grosszügig erwiesen, vernahm ich beim damaligen Besuch und man hatte sich wohl mit einem tränenden, aber angesichts des fein gewirkten Lebenswerks, auch mit einem verschmitzt lachenden Auge vom Publikum mit der doch berechtigten Hoffnung verabschiedet, dass die Puppenbühne mit jährlich zwei bis drei Aufführungen in loser Folge, in dem nun von Frank Demenga (Bruder von Monika) und dessen Gattin, Karin Wirthner weitergeführten Puppen Theater Bern erhalten bleiben werde.
sw
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