Wir erinnern uns. Le Mans damals. Das 24-Stunden-Rennen. Der legendäre Startspurt der Fahrer über die Rennpiste zu ihren Rennwagen... Ebenso spektakulär werden die Starts bei den «Grossen Berner Renntagen» am Klösterlistutz sein! Bärner Giele und Modi messen sich auch heuer untereinander bei halsbrecherischer Fahrt auf kurvenreichem Parcours. Die «Seifenkiste», ihr Innenleben und Werdegang bis hin zum Boliden. Der heutige Blog, zugleich auch Blick hinter die Kulissen der Berner Rennszene... Fr, 29.4. bis So, 1. Mai 2022
Ob der Begriff «Seifenkiste» von der Ur-Kiste für Kernseifen der «Friedrich Steinfels AG» (um 1900) herrührt, sei für heute dahingestellt. Gesichert ist jedenfalls, dass in genau jener Zeit aus besagten Kisten, ausgedienten Kinderwagen oder auch schlicht durch Verbinden zweier Trottinette, die ersten fahrbaren Untersätze für sausende Abfahrten gebastelt wurden.
Um der Weiterführung, trotz immer wiederkehrender finanziellen Sorgen (Sparmassnahmen Stadt und Kanton Bern) den nötigen Boden zu ebnen, wurde der «Förderverein Grosse Berner Renntage» gegründet. Mit dem Ziel, den Anlass auf längere Zeit zu sichern und der Stadtjugend einen weiteren Stimulans für eine krea(k)tive Freizeitgestaltung aufzuzeigen.
Werkplatz Seifenkiste. Dass die Herstellung einer Rennkiste für die Teilnahme am Klösterlistutz nicht zwingend einer besteingerichteten Werkstätte bedarf, wird mir spätestens beim Eintreffen an «Ort der Handlung» bewusst.. Der massive, solid verankerte Tisch auf dem öffentlichen Spielplatz im Mattenquartier, ist Werkbank und Arbeitsstätte zugleich! Die jungen Konstrukteure Leo, Men und Rafael wirken und werken stolz vor zuschauenden Dreikäsehochs aus dem Quartier. Coaching und praktische Beratung durch die zwei «neutralen» Väter (zum Beispiel das schwere Gefährt auf die solide Unterlage zu hieven).
Von Know-how bis zum Boxenstopp. Vom Renn-OK sind Kategorien, Anmeldebedingungen und das richtige Renntenue in einer umfassenden Checkliste niedergeschrieben. So liest man etwa: «Die Seifenkiste fahrbereit, die Anmeldekarte ausgefüllt, das Startgeld abgezählt, die Rennbroschüre durchgelesen, passende Kleidung, Helm, Handschuhe und etwas Langärmliges griffbereit; seine eigene Trinkflasche mitnehmen, das vereinfacht den Ablauf und schont die Umwelt». Eine ad hoc Werkstatt auf dem Renngelände und die Garage zur Lagerung der Seifenkisten über Nacht runden das Angebot der Organisation ab.
Solches im Bordgepäck, wird selbst die jüngsten Rennbegeisterten an jenem, an Herausforderungen reichen April-Wochenende in Begeisterung zu versetzen mögen und selbst strömendem Regen mit starkem Durchhaltewillen trotzen lassen. Schliesslich ist man wer, man werfe nur schon mal den Blick auf die angeheftete Startnummer! Geschicklichkeitsfahren, Boxenstopp (mit eins-zu-eins Radwechsel an einem separaten Experimentierfahrzeug), Ausrollen, Bremstest, Fototermin und Renn-Treff an der Zvieri-Bar, runden zudem auf eindrückliche Weise das tolle Renngewusel am Klösterlistutz ab.
Am Samstag, dem zweiten Tag, muss jedes Team mindestens zwei Trainingsläufe auf der Original-Rennstecke absolvieren. Für den Sonntag, dem eigentlichen Renntag, wird vom OK mit einer grossen Zuschauerkulisse gerechnet. Dies nachdem im letzten Jahr lediglich ein «Geisterrennen» zur Durchführung gelangte.
Dass das Mitmachen wichtiger ist als das Gewinnen, wird ebenso wieder im Vordergrund stehen und desgleichen der Renn-Begeisterung keine Grenzen zu setzen vermögen. Dass die tollkühnen Mädchen und Buben in ihren rasenden Kisten bei Stürzen oder sonstigem «Ungemach» sich von der Seite der «Grossen» zeigen und dito zu verhalten wissen, ist Ehrensache. Man rappelt sich tapfer auf, kümmert sich (fast) nicht um die sorgenvoll herbeieilenden HelferInnen, stülpt sich selbstbewusst den Helm aufs erhobene Haupt und stellt sich zum nächsten Renndurchgang in die Warteschlange vor der Mahogany Hall. – Klar, oder… geits no?
sw
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