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SCHWINDELFREI 37 METER ÜBER DER AARE

AUGENMERK ÜBER UND UNTER DER KIRCHENFELDBRÜCKE.



Die „Grande Dame“ der Hochbrücken an der Aare-Halbinsel lässt bitten. Edel in ihrer Art und seit 1883 ihrem Prestige in der Stadt Bern treu geblieben. Und dass ihr sechs Jahre jüngerer Cousin, der Turm von Gustave Eiffel dank Tausender gut sitzender Nieten sein Stehvermögen ebenso bis heute unter Beweis zu stellen vermochte, sei hier nur am Rande vermerkt. Der plötzliche Einsturz eines Brückenwerkes in unserem südlichen Nachbarland lässt darum umso mehr aufhorchen und so eine fast dreimonatige Brückensperrung in unserer Stadt und das damit verbundene Ungemach als Klacks und in einem ganz anderen Kontext erscheinen.



Prickelndes Kraxeln im Brücken-Souterrain.

Die Überraschung war perfekt. Die Einladung liess uns zu Glückspilzen werden. Wir fassten Schutzweste und Helm und fanden uns unvermittelt darauf inmitten einer Baugruppe bei Belags-Arbeiten auf der Brückenplatte wieder. Lärmpegel und allerlei Geruchsvarianten blieben sich dabei punkto Intensität gegenseitig nichts schuldig. Neuzeitliche Stahl-Kanäle zur Aufnahme der Tramschienen waren zum Teil schon verlegt und standen vor deren Ausgiessen mit einer Lärm- und Erschütterung-absorbierenden Kunststoffmasse. Durch Baulöcher in der Fahrbahn blinkte uns die in 37 Meter Tiefe dahinziehende Aare entgegen und liess die wahren Dimensionen der Brückensanierung auf eindrückliche Art erahnen.



Ab jetzt wurde die Eigenschaft „schwindelfrei“ zum Thema. Und dass unsere Führung während jener Bauphase aussergewöhnlich war, wurde uns schnell bewusst. Denn ohne Helm sich zwischen und unter stählernen Querträgern durchwinden zu wollen – schlicht undenkbar. Gedankenblitze von Höhlenabenteuern oder der Befindlichkeit eines Clochards unter Brückenbogen vermischten sich mit der Realität zwischen Nieten-bestückten Metallteilen und Durchblicken bis tief hinunter ins Schwellenmätteli. Dass unsere, mit stählernen Klammern an den Trägern befestigte Plattform, ganze 200kg pro Quadratmeter zu tragen vermochte, beruhigte ungemein und liess uns ungeachtet des exponierten Standortes mit Michael Sutter die Köpfe zusammenstecken. In Griffnähe vernahmen wir von festgestellten (und nun sanierten) Schwachstellen und Schäden an Betonpfeilern, von deren Oberflächenschutz (OS5), von „Nieten-Hygiene“ an den geschätzten 250 000 verbauten Exemplaren und/oder deren Ersatz durch moderne, hochwertige Verschraubungen.



Wieder über eine schmale, aussen liegende Stiege (..) auf den darüber liegenden Hängeboden gelangt, richteten sich unsere Blicke hinauf unter die Fahrbahnplatte. Rohr an Rohr, Kanal an Kanal voller neu verlegter und einbezogener Inhalte und Hardware von EWB, Tiefbauamt, Fernwärme, Swisscom, BernMobil und anderen mehr, als vorausschauend koordiniertes Projekt, unter dem Aspekt des einmaligen „just in time“ eines Gesamtwerkes. Unterdessen hatte sich über Altstadt und Brücke ein gehöriges Gewitter entladen.



Michael Sutter zeigte auf die stählernen Laufstege mit seitlichen Geländern unter der Brücke. Über diese werden öffentliche Begehungen (wiederum) möglich und können über das Tiefbauamt der Stadt Bern, Telefon 031 321 64 75, gebucht werden. Kritisch beobachtet und positiv ausgedrückt meinten wir, das bisschen Mut und ein persönliches 'über den eigenen Schatten springen' sollten nicht zu viel Engagement kosten, um selber mal geführt, zu Fuss ein Augenmerk über und unter der Kirchenfeldbrücke vom Casino zur Kunsthalle zu riskieren...



Ende gut, alles gut? - Die Zukunft wird es weisen, ob die von bisher 8.3 auf neu 10.6 Tonnen erhöhte Achslast (Belastbarkeit), all die Fugen, Dämmungen, Kleber und Schutzanstriche unseren immer höher fliegenden Ansprüchen an die Brücke zu genügen vermögen und die „AHV“ unserer „Grande Dame“ dereinst nicht als Niete empfunden werden müsste!


sw (BrunneZytig)






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